Bayern 2 - Hörspiel

Franz Kafka: Der Process

Published at: 28-5-2024 9:30 nachm.

Themenbild "Der Process", Hörspiel nach Franz Kafka, Podcastcover | Bild: BR

"Sie sind verhaftet, nichts weiter."

Josef K. wird der Prozess gemacht. Er weiß nicht wofür, jemand muss ihn verleumdet haben. Und dennoch akzeptiert K. die Sachlage. Er erkennt die beiden Wächter, die ihn in Gewahrsam nehmen wollen, als Autoritäten an, leistet der ersten Vorladung vor das Gericht Folge und findet sich sogar ein zweites Mal unaufgefordert zum Verhör ein. Er will dem undurchdringlichen Gerichtswesen auf den Grund gehen und sucht fachkompetente Unterstützung beim Advokaten Huld, der Frau des Gerichtsdieners oder dem Gerichtsmaler Titorelli. Im Verhör beschimpft Josef K. das Gericht als Instanz absoluter Sinnlosigkeit und trifft damit womöglich seinen Kern. Im selbstbetriebenen Fortgang des Prozesses verwirklicht sich schließlich ein Gesetz, das nicht die Schuld sucht, sondern von ihr angezogen wird. Josef K. macht sich selbst den Prozess, stellt sich – dem Autor nicht unähnlich – unter einen Generalverdacht der Schuld.

Kafkas "Process" als Handschrift – Geschichte eines Fragments

1925, ein Jahr nach Kafkas Tod erschien im Berliner Verlag Die Schmiede der „Roman“ Der Prozess. Die Zusammenstellung dieser Erstausgabe besorgte Kafkas Freund Max Brod. Mit ihrer Veröffentlichung „avancierte Kafka zum Romancier mit Weltruhm“ (Roland Reuß). Der Process ist aber eigentlich Fragment geblieben. Kafka hinterließ eine nicht nummerierte, auf 16 Konvolute verteilte Handschrift. Er arbeitete zwischen August 1914 und Januar 1915 parallel an mehreren Kapiteln, schrieb unregelmäßig in verschiedenen Heften und sortierte die einzelnen Textteile immer wieder in neue Konvolute um, ohne dabei eine verbindliche Reihenfolge festzulegen. Eine ebenso radikale wie überzeugende Umgangsform mit den Manuskripten fanden 1997 Roland Reuß und Peter Staengle in der historisch-kritischen Ausgabe sämtlicher Handschriften, Drucke und Typoskripte im Verlag Stroemfeld/Roter Stern.

10 Stunden Hörspiel

Die BR-Hörspielproduktion Der Process geht in ihrer Textgrundlage von den Handschriften Kafkas bzw. ihrer Umschrift aus. Für die lineare Sendung im Radioprogramm werden die einzelnen Kapitel in eine Reihenfolge gebracht. In der ARD Audiothek entfällt die Notwendigkeit einer solchen Anordnung und rückt die Hörspielproduktion damit noch näher an die tatsächliche Überlieferung von Der Process. Alle Folgen in der Audiothek.

Mit Rufus Beck, Samuel Finzi, Corinna Harfouch, Jürgen Holtz, Milan Peschel, Jeanette Spassova, Thomas Thieme, Manfred Zapatka. Ton: Andreas Meinetsberger. Regie: Klaus Buhlert. BR 2010, Länge: 621'

Franz Kafka | Bild: picture-alliance/dpa zum Audio Leben mit Kafka Gespräch mit dem Verleger Klaus Wagenbach

Der Legende nach geschah es im Sommer 1950, dass Klaus Wagenbach den ersten Satz von Franz Kafkas "Process" las. Als Lehrling im S.-Fischer-Verlag sollte er den Umfang eines schlecht gedruckten, braunen Buches schätzen, das der Verlag neu herausbringen wollte. Das Zeilenzählen führte zu einer Lektüre, die sein Leben veränderte. [mehr]

Erste Seite des Originalmanuskripts "Der Process" von Franz Kafka | Bild: picture alliance/Heritage Images zum Audio Gespräch mit dem Herausgeber Roland Reuß Kafkas "Process" als Handschrift

"Ich schreibe seit ein paar Tagen ... mein regelmäßiges, leeres, irrsinniges, junggesellenmäßiges Leben hat eine Rechtfertigung", notiert Franz Kafka im August 1914 in sein Tagebuch. Nicht lange danach erwähnt er zum ersten Mal den "Process". Der Akt des Schreibens an dem Romanfragment dokumentiert sich in der historisch-kritischen Edition, erklärt der Herausgeber Roland Reuß. [mehr]

Max Brod, geboren 1884 in Prag. | Bild: BR zum Artikel Der Process Was wir Max Brod zu verdanken haben - und was nicht

Das Hörspiel Der Process ist der Versuch einer maximalen Annäherung an Kafkas nachgelassene Handschriften. Brods Engagement verdient Anerkennung, das Werk wäre sonst für immer verloren gewesen. Gleichzeitig prägte Brods Veröffentlichung mit nachhaltiger, bis in die Gegenwart reichender Wirkung ein falsches Bild von Kafkas Romanprojekt. [mehr]

Klaus Buhlert | Bild: Bayerischer Rundfunk zum Audio Wie inszeniert man Kafka als Hörspiel? Gespräch mit Regisseur Klaus Buhlert

Wie inszeniert man Textfragmente? Regisseur Klaus Buhlert sagt: "Erkunden, was der Text macht." Klaus Buhlert im Gespräch mit Julian Doepp über die Hörspielinszenierung von "Der Process". [mehr]

Cover ARD Audiothek Das Schloss - Hörspiel nach Franz Kafka | Bild: BR zum Artikel Das Hörspiel als Podcast Franz Kafka: Das Schloss

Die Chiffren der Entfremdung, die Kafkas "Das Schloss" bietet, überträgt die Hörspielproduktion von Klaus Buhlert in eine dunkel ironische Inszenierung von Sprache und Klang. Alles zum Making-Of der Inszenierung. [mehr]